Milan Kundera, Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
In Champel liegt vor einem grossen Haus ein kleiner Park. Darin zwei Schaukeln, die mich in so mancher einsamen Stunde den Baumkronen näher gebracht haben. Ganz vorne eine Bank, von der aus man auf die Arve hinab sieht, die dort ihre letzten Mäander beschreibt, bevor sie ums Bout du Monde und dann unter verschiedenem Brückwerk hin zur Rhone, dem Ende ihres Seins fliesst.
Von diesem Ort aus habe ich, wie nirgendwo sonst, zahlreiche Gewitter von unbeschreiblicher Intensität beobachtet. Wenn sich die schwarzen Vögel in den Bäumen über dem Abgrund aufgebracht versammelten. Wenn sich das gelbliche Grau des Himmels nur vage vom Felsgrau des Salève unterscheiden liess. Wenn die schwüle Luft durch einen einzelnen Atemzug zu zerbersten drohte. Diese erwartungsvolle, ausdrucksstarke Stille, wie in einem Konzert, wenn die gespannten Bögen sehnsüchtig darauf warten, voller Leidenschaft über die Saiten zu streichen.
Dann die immer heftiger werdenden Windstösse, die schwere Regentropfen mit sich brachten, bevor sich der Himmel in Blitz und Donner zerriss, die die angespannte Luft allmählich zu entladen schienen. Jede Minute dieser Augenblicke schien nur dem Hier und Jetzt, dem Wesentlichen, dem Sein gewidmet. Alles andere verblasste daneben, wurde mit dem vielen Wasser, das der Himmel ausgoss, weggeschwemmt.
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